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DIE ZWEI FRAELE-TÜRME

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Beobachtungspunkt: vom Passo delle Scale 
Jetzt überqueren Sie Passo delle Scale, der nur durch den Tunnel erreichbar ist, der im letzten Jahrhundert beim Bau des Cancano-Dammes gegraben wurde. 
Neben der großen senkrechten Wand, die den Hang unterbricht, bewachen von oben zwei viereckige, jetzt in Trümmern liegende Türme den Bormio-Kessel: Sie wurden wahrscheinlich Ende des 14. Jahrhunderts von Barnabò Visconti erbaut, indem eine frühere Festung erweitert wurde, die zum Schutz des sogenannten Via d'Alemagna stand und verhindern sollte, dass die benachbarten Graubünden das Bormio-Gebiet von dieser Seite angriffen. 
Es ist heute schwer vorstellbar, wie eine Straße die vertikale Wand, die den Zugang zum Pass versperrt, überqueren könnte: Vielleicht gab es Holzbalken, die eine Art von Gehweg stützten oder am Felsen befestigte Treppen, bzw. „Scaleˮ. Jedenfalls verlief der Via d'Alemagna genau hier und nicht über den Foscagno-Pass. Dies ist zwar die niedrigste Route - 1941 m gegen 2291 m vom Foscagno-Pass - bis in die Schweiz und von da nach Deutschland, aber hauptsächlich verband sie Bormio mit dem Fraèle-Tal, bzw. mit dem oberen Adda-Becken. 
Das Tal des Lago delle Scale (Scale-Sees) fällt fast unmerklich vom Pass zu einem breiten Plateau ab, das sich etwa zehn Kilometer bis zum Fraèle-Pass erstreckt. Hier gab es bis Anfang des letzten Jahrhunderts ein von Züchtern und Bergleuten bewohntes Dorf mit seiner Pfarrkirche und einem Hospiz für Reisende und Kaufleute. Das gesamte Gebiet war eigentlich reich an Weiden und in Richtung Monte di Pra Grata an Eisenbergwerke, die ziemlich bedeutend für die Zeit waren, da aus wirtschaftlicher Sicht ein armes Vorkommen in der Nähe des bewohnten Gebiets besser als ein reiches aber weit entferntes war. Von Fraèle aus führte die Straße weiter in Richtung Monastero-Tal; der Name „Monasteroˮ, d.h. „Klosterˮ, stammt aus dem im 10. Jahrhundert erbauten Nonnenklausur-Kloster, das heute noch aktiv ist. Es wurde für die wunderschönen Fresken aus dem 13. Jahrhundert, die Apsis und Kirchenwände dekorieren, von der UNESCO als Weltkulturerbe ausgewiesen. 
Der Passo delle Scale war während des gesamten 15. Jahrhunderts von strategischer Bedeutung, als die Graubünden versuchten, das Veltlin zu erobern, indem sie von hier herabstiegen: Nach der Legende kämpfte die Bormio-Infanterie gegen den Feind in einer so blutigen Schlacht, dass die Bergwand als „Burrone dei Mortiˮ (Schlucht der Toten) bezeichnet wurde; Bormio wurde ohnehin 1487 von den Graubünden geplündert, die dann nach Sondrio vorrückten. 
Heute hat sich die Welt verändert, und die beiden Türme bleiben wie Relikte vergangener Zeiten, in denen die Berge keine Barriere, sondern eine Kommunikationsroute waren und die Wege zwischen dem Hochland und den Kämmen die „Autobahnenˮ sowohl für den Handel als auch für Kriege waren. 

 

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