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DER VENTINA-GLETSCHER

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Willkommen in Chiareggio. Von hier aus kann man über einen kleinen Umweg den Ventina-Gletscher bewundern, der sich am gleichnamigem Talschluss im Hochvalmalenco befindet. Die Route dauert etwa eine Stunde Gehzeit entlang des Saumpfades, der zur CAI Mailand Gerli-Porro Hütte führt. Von hier startet der naturkundliche-glaziologische didaktische Wanderweg „Vittorio Sella”, der vom Glaziologischen Dienst der Lombardei realisiert wurde. 
Die Gebirgsglandschaft ringsherum ist von sehr hohem landschaftlichem Wert; unter den Gipfeln gibt es den Monte Disgrazia mit seinen fast 3700 Metern Höhe, dessen Name weder seinen Zauber noch seine Grandiosität widerspiegelt; der Berg wurde nämlich Anfang des 19. Jahrhunderts „Pizzo Bello”, d.h. „schöner Piz” genannt. 
Unter den Berggruppen in der Lombardei wurde der Ventina-Gletscher am häufigsten gemessen und wissenschaftlich beobachtet: Die ersten Vermessungen zur Bestimmung der Positionsänderung der Gletscherstirn gehen nämlich auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Den Wanderweg entlang sind die verschiedenen Messpunkte zu sehen. 
Von der Hütte aus lässt sich eine sehr interessante Landschaft betrachten, die zuerst durch die Gletschererosion, dann in jüngster Zeit durch die erosive Wirkung von Bächen und Frost-Tau-Zyklen geformt wurde. Insbesondere: 
- das u-förmige Querprofil des oberen Tals, das die Erosion durch den vorher bestehenden Gletscher deutlich zeigt; 
- der imposante Kamm der auf der rechten hydrographischen Seite liegenden Moräne, deren Dimensionen von der Gletscherdicke zeugen. Sie bildete sich während der Kleinen Eiszeit zwischen 1550 und 1850, einer Zeit allgemeinen Gletschervorstoßes; 
- die sogenannten Rundhöcker: Sie sehen glatt und abgerundet aus, da sie zuerst vom Gletschervorstoß geprägt und dann nach seinem Rückgang sichtbar wurden. Sie befinden sich in der Mitte des Taleinschnittes; 
- die Ebene vor dem Gletscher, wo der Bach regelmäßige Windungen macht und die Vegetation, vor allem Baumwuchs (Lärchen), nun gut entwickelt ist. 
Seine größte Ausdehnung erlebte der Ventina-Gletscher gegen Ende der Kleinen Eiszeit, d.h. um die Hälfte des 19. Jahrhunderts. Damals bedeckte der Gletscher größtenteils das Tal und reichte bis fast auf 2000 Meter Höhe, etwa 400 Meter niedriger als die aktuelle Frontseite, kurz oberhalb der Ventina-Hütte. Wo heute die Gletscherstirn zu sehen ist, war der Ventina-Gletscher damals mit der Zunge des Canalone della Vergine-Gletschers vereint, der sich heute auch stark zurückzieht und dessen Frontseite sich 400 Meter höher befindet. 
Nach der Kleinen Eiszeit begann der Ventina-Gletscherrückgang; seine Frontseite hat sich um etwa insgesamt 1,5 km zurückgezogen, was das Panorama von Gerli-Porro-Hütte aus stark verändert hat. Sein Rückgang ist zwischen 1915 und 1921 und besonders zwischen 1973 und 1989 durch kurze Vorstoßphasen unterbrochen worden. 
Danach fing der Rückgang wieder schneller an, wie auch bei fast allen anderen Gerbirgsgletschern auf der Erde: In den letzten vierzig Jahren hat der Ventina-Gletscher etwa ein Viertel seiner Oberfläche verloren, die zur Zeit knappe 2 Quadratkilometer beträgt. 
Der aktuelle Klimawandel kann seine Rückentwicklung nur beschleuningen; die Forscher erzielten durch auf zu erwartenden Klimaszenarien basierte Modelle Projektionen, die bis zum Ende dieses Jahrhunderts das beinahe komplette Verschwinden des Gletschers anzeigen! 

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